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Die Idee

02. Mai 2011

Der Plan lautete eigentlich anders – und nicht so, dass wir unsere Habseligkeiten in einem Bastelraum verstauen, unsere Jobs aufgeben und für unbestimmte Zeit mit unbestimmtem Ziel auf Reisen gehen. Doch wie das Sprichwort so schön lautet: “Es kommt immer anders als man denkt“, starteten wir im Oktober 2014 unser Abenteuer mit einem One-Way-Flug nach Nepal.

Zugegeben, ein etwas mulmiges Gefühl begleitete uns bei den Reisevorbereitungen schon. Die Reaktionen in unserem Umfeld, aber auch die eigenen Bedenken zeigten, dass wir in einer Gesellschaft leben, die mehr Wert auf Sicherheit als auf Mut legt. Job künden, erfolgreich laufende Osteopathie-Praxis vorübergehend schliessen und dazu auch noch die Wohnung aufgeben – wenn das mal gut kommt!?! Das verinnerlichte Sicherheitsdenken liess uns das eine oder andere Mal stutzen, Ehrenrunden drehen und den Plan überdenken. Je länger wir uns jedoch damit beschäftigten und die Sorgen hinterfragten, umso banaler wurde diese Auszeit – denn, was ist schon eine Reise von einigen Monaten, in einem Leben, welches, hoffen wir mal, fast ein Jahrhundert dauert? Ein kleiner Bruchteil, der doch so vieles bieten kann:

In Balance leben

Von Geburt weg laufen wir im Hamsterrad der Selbstoptimierung, die – ausgerichtet an den ökonomischen Bedürfnissen dieser Gesellschaft – darauf abzielen, möglichst erfolgreich durchs Leben zu schreiten. Frühförderung im Kindergarten mit Fremdsprachenunterricht, danach heisst es Schule und Studium möglichst mit Bestnoten abschliessen und daneben an seinen sportlichen und musikalischen Talenten feilen. Und kaum ist die Kindheit vorüber, startet auch schon der Ernst des Leben: Sich mit Weiterbildungen fit für die Arbeitswelt trimmen, Marathon betreiben und fleissig „Socializen“, schliesslich muss das Netzwerk gepflegt werden. Was in der Gesellschaft der Selbstoptimierer jedoch vielmals vergessen geht, ist das Verständnis von Körper, Geist und Seele als einer untrennbaren Einheit, und von der Notwendigkeit, diese im Einklang zu halten. Auch wir müssen gestehen, dass uns der Alltag oft stolpern liess, dass uns der Alltag nicht in Balance leben liess. Dies wollten wir nicht mehr so hinnehmen und beschlossen auf Reisen zu gehen. Reisen, um neue Kulturen und Lebensweise entdecken und davon lernen zu können. Auch, um das Leben in Balance zu lernen.

In den Tag leben

Als Selbstoptimierer sind wir ein nie vollendetes Projekt. Die Angst vor dem Scheitern treibt an, immer weiter das Optimum aus uns herauszuholen. Und so hetzen wir von einem Projekt zum Nächsten: Auf das Studium folgt die Weiterbildung, auf die ersten 10km Jogging der Halbmarathon, und so weiter und so fort. Sicherlich, Ziele sind gut und geben Halt, doch braucht es dazwischen auch Phasen der Konsolidierung. Zeit zum Nichtstun, Zeit zur Einkehr, Zeit für Stille, Zeit, um sich bewusst zu werden, wohin der nächste Lebensabschnitt führen soll. Auch unser bisheriger Werdegang war frei von solchen Verschnaufspausen. Und so nahmen wir uns vor, ohne grosse Pläne die Reise anzutreten. Kein Zeitdruck sollte uns auf der Reise begleiten, sondern nur das Leben nach dem Lustprinzip.

Sinnvoll leben

Das Reihen von einem Projekt ans nächste, von einer Aufgabe an die andere, lässt uns kaum aufatmen – Stress ist allgegenwärtig – Überforderung ist allgegenwärtig – Erschöpfung ist allgegenwärtig. Da stellt sich doch die legitime Frage, wieso wir uns dies freiwillig antun? Eng mit der erfolgreichen Selbstoptimierung wird die Aussicht auf ein glückliches Leben verknüpft. Eine Aussicht, die dann doch so selten eintrifft. Zum einen, weil wir nie dort ankommen, wo wir hinwollen. Zum andern, weil das Verständnis von Glück oft fehlgeleitet ist. Denn eine grosse Berufskarriere bringt zwar gesellschaftliche Anerkennung und ein dickes Bankkonto, doch macht uns dies wirklich ein Leben lang glücklich? Bringen uns ein Haus am See, ein grosses Auto und ein Schrank voll mit Markenkleidern wirklich die Befriedigung, nach der wir suchen? Und könnte es nicht auch sein, dass gerade die ständige Jagd nach dem vermeintlichen Glück unglücklich macht? Denn das Glück ist launisch, kommt und geht, wann es ihm passt. Glück ist ein fragiles und vergängliches Konstrukt. Und so wagen wir, ganz nach dem Philosophen Wilhelm Schmid zu behaupten: Es gibt etwas Wichtigeres als Glück – nämlich den Sinn im Leben. Sinn ist nachhaltig und erfüllt. Jeder definiert seinen Lebenssinn anders: In Beziehungen zu anderen Menschen, im sozialen Engagement, im Glauben, in der Selbstverwirklichung. Doch genauso schwierig wie die Suche nach dem Glück, erweist sich auch die Suche nach dem Sinn. Auch wir konnten uns keine klare Antwort darauf geben, wie unsere Lebensbedeutung aussehen soll. Wir entschieden uns, die weite Welt entdecken zu gehen. Denn wie man so schön sagt: Eine Reise in die Ferne ist vor allem auch eine Reise zu einem selbst.

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